KellerHollowHybrid

Jazz Bass Style

Kein anderes Bass-Design ist so beliebt wie der Jazz Bass. Viele Hersteller haben zumindest einen J-Bass im Angebot, mit mehr oder weniger tiefgreifenden Detail-Modernisierungen und Variationen.Zu den radikaleren Varianten auf J-Basis zählt der Keller-Hollow-Hybrid-Bass.

Halbe-halbe lautet hier das Motto, und am augenfälligsten dafür ist der in tiefen Lagen bundierte Hals, der obenherum zum Fretless wird. Auch der teils ausgehöhlte Korpus ist ein Mittelding aus Solidbody und Halbresonanz-Konstruktion, schließlich kombiniert der Keller-Bass noch das klassische Jazz-Bass-Design mit einer gehörigen Portion moderner Ausstattung. Thomas Keller ist Gitarrenbaumeister und bedient die Kunden in seiner Münchner Werkstatt seit gut 20 Jahren mit Reparaturen, Modifikationen und Sonderanfertigungen. Der HollowHybridbass spiegelt seine Kompetenzen bezüglich edler Handwerksarbeit und der Realisierung von ungewöhnlichen Ideen, und wie man sieht: Dieser Mann hat vor nichts Angst.

Konstruktion

Denn einen halb bundierten Bass-Hals so zu bauen, dass er auch in der Praxis funktioniert, ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht. Zunächst ist eine sinnvolle Aufteilung gefragt, die Keller mit einer in der 9. Lage endenden Bundierung gefunden hat. Dann kommt die präzise Ausarbeitung des Übergangs zum Fretless, schliesslich soll der Bass ja weder auf den letzten Bünden scheppern, noch darf  sich die bundlose Zone in den ersten Lagen steif anfühlen, sondern der Bass soll sofort einen geschmeidigen, sustainschwelgenden Fretless-Ton liefern. Der bundlose Teil des Griffbretts muss daher etwas dicker sein als der bundierte, und hier kommt es auf hohe Präzision an, damit das Ergebnis nachher voll überzeugt. Beim Keller-Bass spielt man wie selbstverständlich vom Bundteil in den bundlosen hinauf und wieder zurück.

Der Hals des HollowHybrid-Basses ist einstreifig aus feinem Vogelaugenahorn mit liegenden Jahresringen gebaut, als Griffbrett-Material wurde Ebenholz gewählt. Im bundierten Teil weist die Griffbrettflanke die üblichen Markierungen in der 3., 5., 7., 9. Lage auf, im bundlosen Teil ist dann jede Lage mit einem kleinen Perlmutt-Punkt markiert; das Griffbrett endet hinter der 21. Lage.

Verschwenderisch könnte man Kellers Umgang mit dem schönen Vogelaugen-Ahorn nennen, denn auch die deckend lackierte Korpusbasis ist zweiteilig aus dem noblen Holz gebaut. Aber dies wird noch von der aufwendigen Korpus-Konstruktion in den Schatten gestellt, wo auf der in weiten Zonen ausgehöhlten Ahorn-Basis eine Mahagonidecke mit Stützverbalkung wie bei einem Akustik-Bass sitzt!

Der HollowHybrid-Bass weist damit die aufwendigste J-Korpuskonstruktion auf, die ich je gesehen habe. Das Verarbeitungsniveau ist schlichtweg perfekt zu nennen, was auch die spiegelglatte Hochglanzlackierung des Bodys einschließt.

Mechaniken

Passend zur Gesamtästhetik ist das Instrument mit schwarzer Hardware bestückt. Auf der Kopfplatte sitzen offene Vintage-Stimm-Mechaniken von Gotoh, auch der Steg sieht wie aus guten alten Tagen aus.

Allerdings handelt es sich um einen solide ausgeführten Gotoh-Steg aus Messing, der für die Saitenreiter Führungsnuten aufweist und somit einem gesunden Sustain und reicher Obertonentwicklung förderlicher sein dürfte als der schlichte Blechwinkel der alten Fender-Bässe. Damit das noble Instrument sicher am Gurt hängt, sind arretierbare Schaller-Gurthalter montiert.

Elektronik

Die beiden J-Tonabnehmer stammen von Delano und arbeiten brummfrei als Humbucker. Am Überblendregler sind die Tonabnehmersignale stufenlos mischbar. Da eine passive Höhenblende wie beim alten Jazz Bass für einige starke Sounds unverzichtbar ist, besitzt der Keller-Bass eine solche, zusätzlich zu den aktiven Klangreglern für Höhen und Bässe. Durch Herausziehen des Poti-Knopfs der Höhenblende kann die Aktivelektronik abgeschaltet werden, der passive Höhenregler arbeitet aber sowohl im aktiven wie im passiven Modus. Die Stromaufnahme der aktiven Klangregelung ist mit ca. 0,6 mA sehr bescheiden und erlaubt eine sehr lange Batterie-Lebensdauer. Das Elektronikfach ist lückenlos mit abschirmendem Leitlack ausgepinselt, damit Nebengeräusch-Einstreuungen nicht die Freude am reinen HollowHybrid-Sound trüben können.

Handhabung

Im Spielgefühl orientiert sich der Keller am klassischen Jazz Bass, da alle Maße und Shapings übernommen wurden. Eine milde Abrundung am Hals/Korpus-Übergang erleichtert den Zugriff auf die höchsten Lagen, und am Übergang vom bundierten in den bundlosen Bereich spielt sich der HollowHybrid-Bass mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit. Man braucht nicht hinzuschauen und muss noch nicht mal daran denken – einfach toll, wie präzise der Übergang zum bundlosen Griffbrett gearbeitet ist und wie der Bass beim Spielen über den 9. Bund hinaus samtig losschnurrt.

Der Test-Bass kam zwar perfekt justiert, aber bekanntlich muss man bei einem Holz-Bass auch dann und wann einmal die Halskrümmung einstellen, beispielsweise beim Wechsel auf eine andere Saitenstärke. Öh, wo ist denn hier die Spanstabmutter? Da in der Korpusdecke keine Ausfräsung als Zugang zum Spannstab angebracht wurde, muss man zum Justieren der Halskrümmung den Hals abschrauben. Was leider für besonders feinfühlige Einstellungen nicht gerade zweckmässig erscheint.

Klangverhalten

Soviel vorweg – trotz des ausgehöhlten Bodys verhält sich der HollowHybrid auch bei sehr lauter Verstärkung genauso unproblematisch wie ein normaler Bass mit Massivkorpus und ist dadurch für jeden Einsatzzweck ohne Rückkopplungsgefahr geeignet.

Der teilweise hohle Korpus mit der aufgeleimten Mahagoni-Decke wirkt vielmehr ganz subtil auf das Klangverhalten ein, was der exakten Tonansprache eine angenehm samtige Art verleiht und vor allem den Klang des bundierten und des bundlosen Halsstücks homogenisiert. Wieder fällt hier auf, wie selbstverständlich sich bei diesem Instrument der Wechsel zwischen Bund-Bass und Fretless darbietet, sogar wenn man bewusst genau auf dem Übergang spielt. Lautheitseindruck und Tondefinition sind perfekt aufeinander abgestimmt, und es bereitet große Freude, dem groovigen Spiel in den unteren Lagen einige charaktervoll singende Exkursionen in den Fretless-Teil zur Auflockerung beizufügen.

Das funktioniert offenbar auch wegen des kerngesunden Sustains so gut, wobei der Meister durch die gelungene Gesamt-Abstimmung des Instruments einen hervorgehoben metallischen Klangeindruck im bundierten Teil günstig vermeidet, ohne dass dabei Klangdetails auf der Strecke bleiben.

Dazu passen auch die runden Übertragungseigenschaften der Delano-Humbucker, die nicht ganz so kernig-nasal wie typische J-Bass-Singlecoils rüberkommen und statt dessen bei ausgewogener Offenheit ein saftig-warmes Tonfundament reproduzieren, was den samtigen Charakter des Keller-Basses vorteilhaft hervorhebt.

Im passiven Modus entspricht das Klangbild am ehesten dem Vintage-Vorbild und zeigt die feinen Nuancierungen des Holzklangs mit durchsichtiger Direktheit. Beim Wechsel in den Aktiv-Betrieb wird der Grund-Sound satter und erwachsener, auch bei neutral eingestellten Klangreglern. Diese sind übrigens ganz auf feinfühlige Nuancen abgestimmt, sodass man durchaus Höhen und Bässe voll aufdrehen kann, ohne dass dabei der ursprüngliche Toncharakter überdeckt wird. Nur bei ganz zurückgedrehtem Bassregler wird hier zuviel an der Basis gekappt, was freilich für knorrige Extremsounds nutzbar ist.

Resümee

Die Frage, wer den einen halb bundierten, halb bundlosen Bass braucht, stellt sich nicht mehr, wenn man den HollowHybrid-Bass erst mal in den Händen hatte. Thomas Keller hat dieses Zwitter-Instrument so meisterlich abgestimmt, dass man das klangliche Extra-Potenzial des Fretless-Griffbretts nur als tolle Bereicherung empfinden kann.

Pfundiges Groove-Spiel in den tiefen Lagen findet hier eine charakterstarke Abwechslung durch gelegentliche Solo-Exkursionen in den bundlosen Bereich, ohne dass man dabei seine Spieltechnik ändern müsste oder auch nur daran zu denken braucht, dass hinter der 9. Lage die Bundierung endet. Sowohl in der Bespielbarkeit wie auch im Klangverhalten bietet der HollowHybridBass eine perfekte Abstimmung, so dass man mit vollster Selbstverständlichkeit zwischen Bund-Bass und fretless wechseln kann.

Ist das nicht wirklich ein alter Bassisten-Traum?

Plus

- Klangverhalten

- Abstimmung bundierter und bundloser Teil

- Holzkonstruktion

- Ausstattung

- Verarbeitung und Lackierung

Minus

- Halsspannstab nur bei abgeschraubtem Hals justierbar

Anmerkung des Herstellers: wer will, kriegt natürlich eine Nut in den Korpus gefräst, aber erstens ist das nicht vintage, und zweitens schaut`s nicht aus!

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